Die Ära Tratz

Das Desiderat einer Aufarbeitung der geschichtlichen Ereignisse rund um das Haus der Natur besteht spätestens seit den frühen 1990er Jahren, als die Aktivitäten von Eduard Paul Tratz, Gründer des Museums, während der NS-Zeit erstmals Gegenstand einer kritischen Berichterstattung in Medien und wissenschaftlichen Publikationen wurden. Tatsächlich sollte es aber noch mehr als ein Jahrzehnt dauern, ehe in der Sitzung des Salzburger Gemeinderats vom 7. Februar 2007 von der Salzburger Bürgerliste der Antrag eingebracht wurde, Eduard Paul Tratz angesichts der Rolle, welche dieser im Dritten Reich gespielt habe, die 1963 verliehene Ehrenbürgerschaft der Stadt Salzburg abzuerkennen.
Aus diesem Gemeinderatsantrag resultierte die Beauftragung des Historikers Robert Hoffmann. Er erstellte ein wissenschaftliches Gutachten zur Rolle von Tratz während des Dritten Reichs.

Diese öffentliche Diskussion gab in weiterer Folge den Anstoß für ein hausinternes Projekt: Von Oktober 2010 bis ins Jahr 2020 durchleuchtete eine Expert·innengruppe die Geschichte des Museums. Untersucht wurde die „Ära Tratz“ von der Gründung des Museums in den 1920er Jahren bis ins Jahr 1976 – dem Ende der Direktion Tratz. Die grundlegenden Ergebnisse wurden der Öffentlichkeit 2014 in Form einer Sonderausstellung und einer Vortragsreihe präsentiert. 2019 fand die historische Aufarbeitung Eingang in die Dauerausstellung. Die umfassend restaurierten Tibet-Dioramen wurden in diesen neuen Kontext gestellt und sind nun ein „Ort der Museumsgeschichte“.

Am vorläufigen Ende dieses Projekts steht die im November 2021 im Studienverlag erschienene, wissenschaftliche Publikation:

Robert Hoffmann, Robert Lindner (Hrsg.): Ein Museum zwischen Innovation und Ideologie Das Salzburger Haus der Natur in der Ära von Eduard Paul Tratz, 1913–1976. Studienverlag Innsbruck, 840 Seiten, gebunden mit zahlreichen SW-Abbildungen.

ISBN 978-3-7065-5602-6

Das Buch kann im Museumsshop im Haus der Natur, in allen Buchhandlungen, sowie direkt beim Verlag bezogen werden. Verkaufspreis: 49,90 €

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Weiterführende Literatur in chronologischer Reihenfolge:

 

  • Michael H. Kater, Das „Ahnenerbe“ der SS 1935 – 1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reichs, Stuttgart 1974 (Neuauflagen 1997 und 2001)
  • Sabine Schleiermacher, "Dem Menschen einen Weg in die Natur weisen“ − Das naturwissenschaftliche und didaktische Konzept des Museums „Haus der Natur in Salzburg“ im Nationalsozialismus, in: Ideologie der Objekte − Objekte der Ideologie. Naturwissenschaft, Medizin und Technik in Museen des 20. Jahrhunderts, Kassel 1991, 39 – 45
  • Gert Kerschbaumer, Das Deutsche Haus der Natur. In: Herbert Posch, Gottfried Fliedl (Hg.), Politik der Präsentation. Museum und Ausstellung in Österreich 1918-1945, Wien 1996, 180 – 212
  • Andrzej Meżýnski, Kommando Paulsen. Organisierter Kunstraub in Polen 1942–45, Dittrich, Köln 2000
  • Heather Pringle, The Masterplan. Himmler’s Scholars and the Holocaust, London 2006
  • Robert Hoffmann: Ein Museum für Himmler. Eduard Paul Tratz und die lntegration des Salzburger "Hauses der Natur" in das „Ahnenerbe" der SS, in: Zeitgeschichte, 35 Jg., Mai/Juni 2008, 154-175.
    Der Artikel kann im digitalen Zeitschriftenarchiv (ANNO) der Österreichischen Nationalbibliothek abgerufen werden oder hier als pdf-Datei heruntergeladen werden.